Fantastische Federreisen 12 – die Ergebnisse
Blick hinter die Kulissen – oder das Geheimnis der Sperrholztür
Ergebnisse der Fantastischen Federreisen 12
Solange wir auf die frisch sanierten Luxustoiletten warten, solange ist noch Raum für grenzenlose Fantasie. Was also steckt hinter den verborgenen Baustellentüren? Vier fantastische Geschichten sind unser Schlüssel zum Öffnen der geheimnisvollen Türe dieser Schreib-Challenge. Vielen Dank an die begabten Nachwuchsautorinnen und den grandiosen Nachwuchsautor. Das Lesen lohnt sich!
Die Illustrationen sind wie immer von unserer fantastischen Jessica Wald (https://jessicawald.de).
Julius Del Toro Reuter, 9c – Die Legende der Wiggyinger
Es war einmal vor langer Zeit, da lachten uns Kokos-Traum, Nuss- Nougat-Creme, Bananensahnetorte und viele Köstlichkeiten aus der wunderbaren Wichtelbäckerei in der Cafeteria des Wiggys an.
Der Legende nach gab es bequeme Zeiten, als die Wiggyinger noch im alten Gebäude des Gymnasiums hausten. Das waren kleine Wichtel mit einem charakteristisch liebenswerten Äußeren.
Sie trugen kleine, grüne Hüte und Schürzen und hatten ein kleines, rotes Näschen und rote Bäckchen. Das kam davon, da sie sich ab und zu ein Gläschen Wein gönnten, den sie aus den nahegelegenen Weinbergen Untertürkheims gewannen. Grundsätzlich waren es aber fleißige Gesellen, die ein überaus großes Herz für Schüler und Lehrer hatten.
Die fleißigen Wichtel kneteten den Teig, backten, fegten und scheuten keine Mühe, wenn es um die Versorgung der Schüler und Lehrer ging. Aber die kleinen Wiggyinger hatten auch Vorlieben und Abneigungen. Sie waren nachtaktive, scheue Wesen und wollten nicht gestört oder bei ihrer Arbeit beobachtet werden. Sobald der Tag anbrach, verschwanden sie durch schmale Ritze an einen geheimen Ort, der sich vermutlich hinter einer verbarrikadierten Tür befand.
Deshalb lebten die Schüler und Lehrer auch tagsüber sorgenfrei und entspannt. Die Wiggyinger waren wirklich eine Erleichterung für die Menschen. Es gab nur eine einzige Bedingung, die die fleißigen Wichtel stellten: Sie wollten nicht gesehen werden und ungestört ihrer Arbeit nachgehen.
Einige Schüler waren natürlich neugierig und wollten sehen, wie die Männchen hinter der Tür arbeiteten. Doch um das gute Essen nicht zu gefährden, gelang es ihnen, ihre Neugierde, so groß sie auch sein mochte, im Zaum zu halten. Alle bis auf zwei!
Als Mia und Carlo sich in der zehn Minuten Pause an der Cafeteria trafen und sich ein Stück Kuchen kaufen wollten, stellten sie sich die Frage, wie die Wiggyinger so viele Leckereien produzieren konnten. Daraufhin forderte Mia Carlo heraus. Sie meinte, dass er es nicht schaffen würde, einen Wiggyinger aufzuspüren. Carlo entschloss sich dann auf Entdeckertour zu gehen. Er versteckte sich bis zum Anbruch der Nacht im Gebäude und schlich sich dann langsam die Treppen hoch. Dabei versuchte er möglichst keinen Lärm zu machen, um die scheuen Wesen nicht zu verschrecken. Als er bei der hölzernen Tür angekommen war, schob er vorsichtig den Riegel zur Seite. Ganz sanft öffnete er die Tür und leuchtete mit seiner Taschenlampe in den Gang. Er traute seinen Augen kaum, als er die Wichtelbäckerei und die unzähligen Lebensmittelvorräte erblickte. Er verschanzte sich in einer Ecke. Als es 12 schlug, strömten unzählige kleine Wichtel, wie fleißige Ameisen, aus allen Löchern und Ritzen und machten sich an die Arbeit. Dabei trugen sie schwere Mehlsäcke. Als sie mit der Backkunst anfingen, waren sie richtig verschwenderisch mit dem Mehl und eine große Mehlwolke erfüllte den Raum. Carlo tränten die Augen und er musste plötzlich laut nießen. Die Wichtel erschraken zutiefst und ohne weiter ihre Arbeit zu verrichten, flüchteten sie für immer in den Ritzen und Löchern des Gebäudes.
Von nun an mussten die Menschen alle Arbeit selber verrichten. Die Eltern backen die Kuchen und mit dem Spruch „YES YOU CAN“ laden fleißige Cafeteria-Helfer weitere Helfer ein. Die Schüler putzen nun, damit die Cafeteria das Herzstück der Schule bliebt und während sie schrubben und wischen, wünschen sie sich die kleinen Wiggyinger wieder herbei.
Lilli Fellinghauer, 5c – Die Mutprobe
„Na endlich“, sagte Jerome: „Ich warte schon ewig.“ Ich seufzte. Warum hatte ich mich nur von ihm zu dieser Mutprobe überreden lassen? Ich wusste es nicht. Jerome wurde ungeduldig: „Komm jetzt.“ Er stieß mich gegen die Wand. Meine Beine fingen an zu zittern, ich dachte zurück an den Tag vor den Ferien, der Tag, an dem Jerome mich zu dieser Mutprobe herausforderte. Ich sah die Bilder vor mir, sie spulten sich in meinem Kopf ab wie die alten Filmkassetten meines Opas.
Ich sah mich wieder an der Stelle stehen, wie damals. Jerome kam auf mich zu, er sagte: „Ha, wie dumm siehst du denn aus?!“ Ich hörte mich sagen: „Lass mich doch endlich in Ruhe, du Mobber!“. Darauf erwiderte Jerome: „Gut, heute in einer Woche. Nachts um 24 Uhr treffen wir uns vor der Bretterwand im zweiten Stock des Wirtemberg-Gymnasiums. Ich erstarrte: „Du meinst die Bretterwand? Die Bretterwand, von der alle behaupten, dass es hinter ihr spukt?“ „Ja, genau, die meine ich“, sagte Jerome und lachte ein fieses Lachen. Er fuhr fort: „Wenn du dich traust, etwas zu tun, das noch nie jemand gemacht hat, dann lasse ich dich für immer in Ruhe.“ Ich sah mich überlegen und schließlich nicken.
„Nein, tu das nicht!“, schrie ich. Im selben Moment spürte ich einen kräftigen Stoß an meiner Schulter. Ich schlug meine Augen im Hier und Jetzt auf.
Jerome stand schon wieder vor mir, doch meine Knie zitterten nicht mehr. Das stellte ich mit Erstaunen fest. Ich bemerkte auch, dass ich Jerome mutiger in die Augen schaute. Er bekam einen misstrauischen Blick. „Was ist jetzt?“, fragte Jerome. „Ok, bringen wir es hinter uns!“, sagte ich und kletterte über die verschlossene Gittertüre, um auf den Schulhof zu kommen. Jerome sprang hinter mir auf den Boden. Leise flüsterte er mir zu, dass ich leise sein sollte. Ich nickte. „Bleib hinter mir!“, wisperte Jerome. „Wir schlichen uns leise die Treppen hoch in den 2. Stock, doch plötzlich hörten wir Schritte. Ich schlich in meinen Chemieraum und zog die Türe hinter mir zu. Jerome ging an die Türe und lauschte nach weiteren Schritten. Die Person war weg. Wir schlichen uns aus dem Chemieraum und sahen gerade noch Frau Birnbaum – meine ehemalige Deutschlehrerin – um die Ecke biegen. Wir schlichen hinter Frau Birnbaum her und sahen mit großen Augen zu, wie sie hinter der Bretterwand verschwand. Ich schlich mit Jerome vor die Bretterwand. „Also, was ist jetzt meine Mutprobe?“, fragte ich. „Du gehst jetzt hinter die Bretterwand und hast genau 20 Minuten Zeit, um herauszufinden, was sich hinter ihr verbirgt.“ Ich nickte: „Dann, los geht’s!“ Schnell schob ich das Holzgestell ein Stück zur Seite. Hinter der Bretterwand war eine überraschend angenehme Atmosphäre. Ich schaute mich in dem Raum um, das Klo sah eigentlich schön aus: die schönen bunten Wände, das bunte Licht, der Duft von Räucherstäbchen. Moment mal! Wieso war hier buntes Discolicht, obwohl an der Decke nur eine nackte Glühbirne hing? Und diese war nicht mal an. Ich ließ meinen Blick durch das Zimmer gleiten. Doch plötzlich entdeckte ich eine Türe, die mir beim Eintreten noch gar nicht aufgefallen war. Ich schlich mich zu der Türe heran und tastete sie ab, denn es war keine Klinke zu sehen. Die Oberfläche der Tür war angenehm warm. Ich hörte ein leises Summen von Musik. Endlich hatte ich die versteckte Klinke gefunden. Ich drückte sie herunter. Mit einem leisen knarzenden Geräusch schwang die Türe auf. Ich schaute auf meine Armbanduhr. Noch fünf Minuten.
Erstaunt blieb ich stehen und schaute mit großen Augen in diesem „Lehrerparadies“ umher. Ich sah: einen Whirlpool, der fröhlich Blubberblasen tanzen ließ. Und ein kaltes Buffet mit dem leckersten Essen. Ananas. Wassermelone. Cocktails in Regenbogenfarben. Und sogar eine Eistorte. Liegestühle auf einer riesigen Sonnenterrasse mit karibischer Palme. Und eine Korrekturmaschine, die alle langen Aufsätze kontrollierte. Im Hintergrund lief entspannte Musik. Ich fühlte mich wie im Paradies. Meine Augen wurden schwer und ich setzte mich mit letzter Kraft in einen sehr gemütlich aussehenden Ohrensessel. Ich hörte die angenehme Musik im Hintergrund. Das gleichmäßige Tippen der Korrekturmaschine zog schwer an meinen Lidern. Bis ich im Sessel einschlief.
Elena Ehret und Helene Kratzer, Klasse 6a – Die geheimnisvolle Tür
Die Familie sitzt, so wie an vielen Winterabenden, in der kuschligen, butterweichen Couch neben der Heizung. Meistens tauschen sich die Erwachsenen bei dieser Gelegenheit über Erwachsenenzeugs aus und die Kinder versuchen, so gut wie möglich den Faden nicht zu verlieren. Doch lange können sie ihre Augen nie offenhalten.
Heute aber fragt eins der Kleinen: „Mama, glaubst du an Feen?“
Die Mutter wendet den Kopf zu ihrer Tochter, ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen: „Das könnte man so sagen. Als ich noch auf die Schule ging, ich war ungefähr 12 Jahre alt, gab es auf dem Wirtemberg-Gymnasium, auf das du bald gehen wirst, etwas Seltsames: eine hölzerne Tür, niemand wusste was sich dahinter befindet. Immer hörte man seltsame Geräusche und flackerndes Licht, doch niemand wusste den Grund dafür.“
Die Mutter stoppt ihre Worte und nimmt einen tiefen Schluck Kaffee aus ihrer Tasse.
„Und was war jetzt mit der Tür?“, fragt der kleine Stöpsel mit der Hornbrille, die er alle zwei Sekunden auf ihren vorherigen Platz schieben muss.
„Sei doch nicht so ungeduldig!“, sagt Mutter. „Nun komme ich ins Spiel, leichtgläubig, und etwas auf den Kopf gefallen.“ Sie seufzt kurz dann fährt sie fort: „Ich hatte schon lange vorgehabt, hinter diese geheimnisvolle Tür zu schauen, und eines Tages wollte ich es tun. Ich ließ mich entschuldigen mit der Ausrede, die Toilette aufsuchen zu müssen. Langsam schlich ich durch die leeren Flure. Als ich an der geheimnisvollen Tür ankam, zögerte ich kurz, doch dann schlangen sich meine Finger wie ferngesteuert um die Klinke. Und betätigte sie.
An das, was dann geschah, kann ich mich nicht mehr erinnern, nur noch an das Gefühl von Angst und an den Orientierungsverlust in dieser alles umhüllenden Schwärze. Als ich die Augen wieder aufschlug, fand mich wieder im Unterricht wieder, als wäre nichts geschehen. Ein Jahr später wurde die Tür abgebaut und ein Bild auf dem auf schwarzem Untergrund viele Feen zu sehen sind. Vielleicht kann es sein, dass ich mir das nur eingebildet habe, aber immer, wenn ich an dem Bild vorbeikam, hatte ich das Gefühl, die Feen würden sich bewegen und mir zuwinken. Später bekam ich mit, dass sich niemand mehr an diese Tür erinnerte. Versprechen kann ich also nicht, dass es stimmt.“
Hanna Lazarakopoulos, 5c – Die Mutprobe
„Wahrheit oder Pflicht?“, fragte der fiese Robert aus der Oberstufe. „Pflicht“, sagte ich und bemerkte, dass ich Wahrheit hätte nehmen sollen. Am liebsten wäre ich jetzt schreiend davongerannt, aber ich musste ihm beweisen, dass ich keine Angst vor ihm hatte. „Hmmm. Dann schauen wir mal“, fing er an. „Heute um 20.30 Uhr, falls du da noch nicht schläfst, treffen wir uns am Tor der Schule. Dann brichst du in die Schule ein und knackst das Schloss des Baustellentores. Wenn du dann drinnen bist, schaltest du die Kamera ein, die ich dir davor auf die Stirn geschnallt habe und sprühst mit Grafiti-Farben die Wand voll.“
Das klang nach einem ganz blöden Plan! Aber ich blödes Plappermaul sagte natürlich ja. Wir gingen dann in unsere Klassen zurück. Ich war zwar nicht der Schlauste, aber noch nie war ich so dumm gewesen!
Nach der Schule machte ich mir Gedanken, wie ich um 20.30 Uhr in der Schule sein konnte, ohne dass es jemand bemerkte. Zuhause konnte ich nicht viel essen und nachdem ich eine Gabel voll nahm, fühlte sich jeder Bissen an wie ein Vorwurf.
Wieso hast du ja gesagt? Wieso hast du Pflicht genommen? Du hättest weggehen sollen als er dich gefragt hat. Mein Teller war noch halb voll, als ich ihn abräumte. „Hat es dir nicht geschmeckt?“, fragte mich Papa. Was sollte ich nur sagen? Ich wusste schließlich, dass Papa sehr streng war, was das anging. Also sagte ich, dass ich keinen Hunger hatte. Das war nochmal gutgegangen! Papa sollte nicht denken, dass er ein schlechter Koch wäre. Ich ging dann in mein Zimmer, um einen Plan zu schmieden.
Ich entschied mich dann dazu, um 20.00 Uhr zu fahren. Ich brauchte ungefähr 15 Minuten. Ich spürte, wie mein Bauch anfing, komische Geräusche zu machen. Es war jedoch kein Hungergefühl, das in mir herrschte. Nein, es war pure Angst!
Um acht Uhr schlich ich mich aus dem Haus. Meine Eltern dachten, dass ich schlafen würde und um sicherzugehen, machte ich den klassischen Kissen-unter-die-Decke-Trick. Das klappte einfach immer. An der Bushaltestelle wartete ich zwei oder drei Minuten. Von mir aus hätte der Bus einfach ausfallen können. Da saß ich also, auf dem Weg zu meinem Untergang.
Jeder Meter, der mich weiter zur Schule brachte, war ein Schlag in meinen Bauch. Ich hörte, wie die Stimme in den Lautsprechern ertönte: „Untertürkheim Bahnhof“. Ich stand langsam auf und ging zur Tür. Das war die kürzeste Fahrt zur Schule, die ich je erlebt hatte. Und die längste zugleich.
Als der Bus hielt, wollten meine Hände an der Busstange nicht loslassen. Dann spürte ich, wie meine Beine zitterten und letztendlich stieg ich aus. Jeder Schritt wurde zu einer Sorge, bis ich schließlich am Wiggy angekommen war. Dort stand er auch schon, der fiese Robert aus der Oberstufe. „Na, schon Schiss?“, sagte er mit lauter Stimme. Ich nickte umso leiser und wir gingen in den Schulhof. Es war kalt und die Sonne war schon lange verschwunden. Es waren keine Sterne zu sehen, nicht mal ein schwaches Lichtchen war am Himmel. Robert hielt die Sprayfarben in der linken Hand und in der rechten hielt er eine Stirnlampe. Ich bekam Panik. Wenn mich jemand dabei sah, würde ich suspendiert werden und meine Eltern würden mir wahrscheinlich jeden Freiraum nehmen, den es gab. Hätten sie mich noch lieb? Liebt mich denn noch jemand? Schritt für Schritt kam ich meiner Aufgabe näher, bis ich schließlich vor Robert stand. „Na, Schiss?“, wiederholte er mit blödem Lachen. Es klang, als würde der Blitz dem Donner einen Witz erzählen. Er band mir die Kamera um die Stirn und erklärte mir nochmal den Plan. Zudem drückte er mir die Grafiti-Farben in die Hand und in die andere den Schlüssel für das Schulgebäude. Ich fragte erst gar nicht, woher er jetzt die Schlüssel hatte.
Mit zitternden Beinen schloss ich die Tür des Altbaus auf. Ich ging herein. Noch nie hatte ich so große Angst, wie in diesem Moment. Schritt für Schritt kam ich der Türe näher, bis ich schließlich davorstand und überwand meine Angst. Mit einem kleinen Schritt, der auch von einer Ameise hätte sein können, trat ich ein. Ich schaltete die Kamera auf meiner Stirn an. Als ich in den Raum kam, blieb ich vor Staunen stehen. Lauter Zeichnungen waren an die Wand gemalt. Kein Wunder, dass die Bauarbeiter so lange brauchten, bei der Kunst an der Wand!
Ich ging näher an ein Bild heran, auf dem ein Herr mit einem Schloss abgebildet war. Als ich schließlich angekommen war, holte ich die Farben raus. Es war zu schön, um übermalt zu werden, also strich ich mit der Hand das erste und das letzte Mal über das Bild.
Und dann geschah es! Meine Hand ging durch das Gemälde und irgendetwas zog mich mit einem Ruck in die Wand. Es war, als wäre ich in einer sich drehenden Kunstausstellung gefangen. Nach ungefähr drei Minuten (die sich wie drei Stunden anfühlten), war ich plötzlich wieder in der Schule. Allerdings war es nicht die Schule, die ich kannte. Sie sah ganz anders aus. Alle waren, als wäre ein Vulkan ausgebrochen. Und dort war Robert. Aber auch er sah eingeschüchtert aus. Ich ging weiter zu meinem besten Freund und fragte ihn, was los war, doch er hörte es nicht. Ich versuchte, ihn zu berühren, doch dann stellte ich fest, dass er mich nicht sehen konnte. Ich fiel jedes Mal durch ihn hindurch.
Plötzlich ging eine Fanfare los. Etwas wurde angekündigt. Ich konnte es nicht glauben, aber es war mein Name, der dort gesagt wurde. Ich traute meinen Augen nicht, ich kam stolz aus dem Neubau spaziert.
Als hätte sich das Blatt gewendet, ging ich zur Robert: „Na, du Schisser?“, hörte ich mich sagen. Mit einem Lachen ging ich von ihm weg und hörte, wie ich ihm noch von Weitem beleidigte. Ich lief zu Robert hin, um ihn zu trösten, doch dann fiel mir ein, dass er mich ja nicht hören und sehen kann. Ich sah mich stolz ins Atrium laufen, als ich bemerkte, dass die ganze Zeit lang zwei Jungs hinter mir liefen. So etwas wie Bodyguards, die mich verehrten. Das war mir neu, denn sonst lief ich immer alleine rum. Ich war in einer Art Paralleluniversum gefangen! Schnell überlegte ich, wie ich dort wieder rauskam. Würde ich jetzt für immer bleiben? Das konnte so nicht weitergehen. Doch dann hatte ich eine Idee. Ich rannte hoch in den zweiten Stock des Altbaus und brach schnell die Tür zum Klo auf. Ich ging an die Wand mit dem Herz und dem Schloss darauf und berührte sie.
Ich kam wieder in die sich drehende Kunstaustellung, doch diesmal mit Bildern von mir und Robert. Als ich das erkannte, war das Spektakel aber auch schon vorbei. Ich ging aus dem Klo raus und schloss die Tür. Unten drückte ich Robert die Farben in die Hand. Er schaute mich fragend an. „Na, zu viel Schiss?“, fragte er. Ich schmunzelte. Alles wieder beim Alten. Und Roberts doofe Sprüche? Das konnte mir egal sein!