Poetische Explosion in der heiligen Bio-Sammlung – Ergebnis der Fantastischen Federreise 11

Halloween und die Bio-Sammlung: Das kann nur ein schauriges Ende nehmen. Sofort schrillen Horror-Sirenen im Kopf. Nachtschwarzes Flügelschlagen rüttelt am Staub gestapelter Kaninchenschädel. Mitten im tiefen Schlaf des Formaldehyds erwacht ein grausiges Augenpaar zum Leben. Noch hängt das Skelett leblos am Haken. Schon knacken die Knochen, bereit zur Geisterstunde…

Aber da haben wir nicht mit dem feinen Humor von Julius gerechnet. Zurücklehnen, lesen und genießen. Dieser Text mit Halloween-Kopfkino-Effekt ist reinster Genuss.

Vielen Dank für deinen neusten Text, Julius!

Julius Del Torro Reuter, 9c

Halloween im Chemiesaal

 

„…und passt mir gut auf Herrn Hampel auf. Ihr wisst ja…“ So endete jede Klassenlehrerstunde mit einem Augenzwinkern.

Herr Hampel war Referendar im Fachbereich Chemie und allen Schülern wohlbekannt als der Zündler aus dem Lehrerzimmer.

Gedichte wurden im Unterricht von Herrn Hampel erlebbar gemacht. „Flammen flüstern, knicken, knacken, krachen, knistern“ und „das Feuer rauscht und saust, brodelt, brutzelt, brennt und braust“. Zum guten Schluss meldete sich der Feueralarm und alle Schüler stürmten ins Freie.

Wir fanden den Unterricht bei Herrn Hampel immer sehr spannend und unterhaltsam und hofften, dass er eines Tages als Lehrer übernommen werden würde.

Diesmal sollte es um die katastrophale Metamorphose eines präparierten Huhnes gehen. 

Dabei sollten dank eines Extraktes große Teile des Tierkörpers abgeworfen oder zurückgebildet werden und ein tiefgreifender Umbau ermöglicht werden. Wir starrten alle etwas ungläubig auf das präparierte Huhn auf dem Pult.

Herr Hampel hatte Forschungen an Larven durchgeführt. Diese werden, so erklärte er es uns, durch eigene Verdauungssäfte fast vollständig aufgelöst. Nur einige Zellen überleben und bilden Anlagen für neu entstehende Organe. Beim Schmetterling, zum Beispiel, bliebe vom ursprünglichen Gewebe nicht mehr viel übrig.

Auch beim präparierten Huhn gäbe es noch untätige Zellen, die man aktivieren könnte mit Hilfe eines Zauberextraktes.

Gemeinsam überlegten wir uns die Mischung: Wasser wäre immer gut, dann noch etwas Salz, Natriumkarbonat (kann nur richtig sein, da fast immer dabei!) und ein paar veränderte Enzyme nach Nobelpreisträger Frances Arnold – fertig!

Jetzt kam der große Moment! Herr Hampel schüttete die durchsichtige Flüssigkeit über das Huhn. Es knallte heftig und die Federn lösten sich wie Geschosse aus dem Tierkörper. Vor Schreck versteckten wir uns unter den Tischen.

Als der Spuk endlich vorbei war, stand vor uns das Skelett eines Huhnes. Wir waren schon alle ein wenig enttäuscht, als das Skelett plötzlich etwas knackste und sich langsam in Bewegung setzte. Wir waren in Schockstarre, so sehr gruselte uns der Anblick.

Von der Angst getrieben packten wir so schnell wie nur möglich unsere Taschen und verließen fluchtartig den Chemiesaal.

In der Mensa versuchten wir uns wieder zu sammeln. Die Beine schlotterten immer noch. Der Anblick der kleinen Kürbisse mit schwarzen Fratzen zu Halloween auf den Mensatischen machte die Situation nicht erträglicher. Schließlich gingen wir zur Theke.

Die freundliche Frau überreichte mir mein Mittagessen: Es gab Chickenwings.

 

Das könnte dich auch interessieren …