Fantastische Federreisen 12


„Sie stand auf und wollte gehen. Doch da sah sie, was Birk vorhatte. Wirklich und wahrhaftig, dieser Lümmel machte Anstalten, über den Höllenschlund zu springen! Er stand dort ihr gegenüber auf der anderen Seite, und jetzt nahm er einen Anlauf. Da schrie sie: ‚Kommst du her, dann hau ich dir eins aufs Maul, dass dir die Nase abfliegt!‘ ‚Haha!‘, rief Birk, und mit einem Satz war er über die Kluft hinweg. ‚Mach’s nach, wenn du’s kannst‘, sagte er mit einem kleinen Grinsen.
Das hätte er nicht sagen dürfen, das war zu viel. Es reichte, dass er und seine Hosenschisser sich eine Feste in der Mattisburg verschafft hatten, aber kein Borkaräuber sollte hier irgendwelche Sprünge machen, die ein Mattisräuber nicht nachmachen konnte!
Und sie tat es. Sie wusste selbst nicht recht, wie es zuging, aber plötzlich flog sie über den Höllenschlund und landete auf der andern Seite.“
Astrid Lindgren: Ronja Räubertochter. Oetinger. Hamburg 2017 [Schwedische Erstausgabe 1981], S. 36f.
Am Anfang war der Mut. Sollte man meinen. Doch diese Theorie ist weit gefehlt, wenn es um eingefleischte Mutproben geht. Natürlich muss Ronja vor einem Hosenschisser wie einem Borka das Gesicht wahren. Und Hanna im großartigen Jugendroman „Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen“ küsst an einem fremden Ort einen noch fremderen Jungen, nur aufgrund der drei magischen Worte ihres besten Freundes Ben. I dare you. Hier geht es vor allem um Schwäche. Auch wenn dann der Mut gefordert ist.
Wer wagt, gewinnt? Ein schlimmes Vorurteil. Der versierte Leser weiß nicht nur, dass Mutproben zum festen Repertoire der Storyline eines Jugendromans gehören, sondern auch, dass sie eigentlich immer mächtig in die Hose gehen. Euphemistisch gesprochen. Und da hat Hannes aus „Vorstadtkrokodile“ noch Glück, mit Fernsehverbot, Ausgangssperre und Spielverbot mit Hase Hannibal davonzukommen. Immerhin muss ihn die Feuerwehr von der Dachrinne eines Gebäudes auf dem streng verbotenen Ziegeleigeländes klauben. Nur weil er es als halbe Portion den Krokodilen zeigen will. Es ist schon eine Ausnahme, wenn die Sache gut ausgeht. So für Sam, der in „boy2girl“ als Samantha in die Schule geht, und sich in die Herzen der Mitschüler schleicht.
Doch was passiert in einer Szene, in der eine Mutprobe die bei uns in der Schule startet? Vor einer Bretterwand?
Du darfst frei wählen, ob Frau X. Herrn Y. herausfordert. Oder ob Mia es schafft, Carlo hinter die geheimnisvolle Wand zu locken. Ist deine Mutprobe eine gemeingefährliche Schicksalsfalle? Oder wartet dort, wo nur die Handwerker Zugang haben und tagaus tagein die himmlischen Klänge eines Unterhaltungssenders dudeln, tatsächlich das unerwartete Paradies? Es liegt ganz in deiner Hand. I dare you!
Teilnahme: Schülerinnen und Schüler aller Klassenstufen
Abgabe: bis Sonntag, den 16. April 2023 (Ende der Osterferien) an: leni.rothe@wirtemberg-gymnasium.de
Viel Spaß beim Schreiben!
Eure federführenden Reiseleiterinnen
Leni Rothe und Britta Franke
Die Illustrationen sind wie immer von unserer fantastischen Jessica Wald (https://jessicawald.de).