Ergebnisse der Fantastischen Federreise: BACK TO SCHOOL Nr. 5 (Weihnachtsedition)

Die zuckrige Weihnachtszeit ist vorbei, die Lichterketten und Strohsterne sind wieder in Kisten verpackt und der Unterricht findet aus der Ferne statt. Julius aus der 7c und Catarina aus der 10d bringen uns aber noch einmal die Gemütlichkeit von Weihnachten mit ihren schönen Texten zurück. Hier die Ergebnisse der fünften Schreibrunde der Fantastischen Federreisen.

Viel Freude beim Lesen!

Text 1: Der mysteriöse Plätzchenteig (Julius Del Toro Reuter, 7c)

Es war eine seltsame Vorweihnachtszeit: Ganz ohne Weihnachtsmarkt, Schlittschuhbahn, Kinderpunsch und gerösteten Mandeln.

Doch Traditionen müssen zumindest in den eigenen vier Wänden gewahrt bleiben, dachte ich mir. So breitete ich die gelbe Plastikdecke auf dem Esstisch aus und stellte meine Zutaten bereit.

Das erste Mal war ich für das Plätzchenbacken alleine zuständig. Ich siebte das Mehl, fügte Zucker, Butter, Eier hinzu, dann noch ein wenig Vanille und einen Schuss Milch.

Ich knetete den Teig und formte ihn schließlich zu einer großen Kugel. Ich ließ sie zwischen meinen Händen gleiten, hin und her und begann zu jonglieren. Ich warf sie von der einen in die andere Hand, höher und höher, knapp vorbei an der Esstischlampe.

Das machte Spaß!

Wieder und wieder warf ich meinen Teigklumpen in die Höhe, bis er mit einem Knall auf den Tisch platschte.

Mit meinen zahlreichen Förmchen ließ ich Sterne, Tannenbäume und Engel aus der Masse entstehen und verzierte sie mit Schoko-, Zimt- und Zuckerstreuseln. Es duftete herrlich und ich war überglücklich, dass mir die Plätzchen so gut gelungen waren.

Ich verpackte sie in ein Tütchen als Wichtelgeschenk für den nächsten Morgen.

Mit Spannung erwartete ich mein Wichtelgeschenk. Im letzten Jahr war es sehr bescheiden ausgefallen: Ein Kugelschreiber der Marke Werbegeschenk, der beim ersten Gebrauch in seine Einzelteile zerfiel. Das Ärgerliche daran war, dass er mit einer grünen Flüssigkeit gefüllt war, mit der ich mir noch das Heft verkleckste.

Mir fiel auf, dass ich von allen das kleinste Geschenk hatte. Es hatte auch wieder diese verdächtig schmale, längliche Form.

Ich wartete ab, bis das Mädchen mein Geschenk in den Händen hielt. Sie öffnete das Tütchen und dieser wunderbare Duft aus Zimt und Zucker zog mir in die Nase.

Ich schloss für einen Moment die Augen. Als sie das erste Plätzchen nahm, passierte plötzlich etwas sehr Ungewöhnliches:

Die Form des Plätzchens verwandelte sich in einen kleinen Teigball. Flink wie ein Tischtennisball glitt er ihr aus der Hand und hüpfte über die Tische. Während das Mädchen wie angewurzelt mit geöffnetem Mund an ihrem Platz stand, versuchten ein paar Jungen den Ball zu ergreifen, aber vergebens. Er kam wie ein Geschoss auf mich zu. Ich ergriff das Mathebuch und schlug auf ihn ein. Super Treffer! Er rotierte und sprang vorne an der Kante von Oskars Tisch ab. Er ließ den Ball am Deutschbuch zu Leo abprallen. Der erhaschte ihn gerade noch mit der Handfläche. Die Klasse grölte. Alle rannten und schlugen auf den kleinen Ball, mit allem was einem gerade in die Hände fiel.

Als ich schon mit dem Mathebuch zu einem weiteren Schlag ausgeholt hatte, hüpfte er doch plötzlich ganz von selbst wieder in die kleine Tüte.

Es knallte ganz laut. Ich öffnete die Augen. Mucksmäuschenstill war es so plötzlich.

Die Blicke waren auf mich gerichtet. Ich schaute verlegen zu Boden.  Mein Wichtelgeschenk war runtergefallen. Vorsichtig öffnete ich die Verpackung. Es war grandios! Eine Art Dartpfeil, nur vorne stumpf, auf den man wie bei einer Spielzeugpistole Platzpatronen laden konnte. Ein Knaller. Auf dem Heimweg ließ ich es mit meinen Freunden so richtig ausgiebig krachen und wir hatten viel Spaß dabei. Als ob wir es geahnt hätten, dass wir uns danach lange Zeit nur Online sehen würden.

Text 2: Wichtelglück (Catarina da Silva, 10d)

Genervt ließ ich mich auf einen Stuhl in der ausnahmsweisen leeren Cafeteria fallen und warf meinen Rucksack auf den Tisch. Meine Socken waren klitschnass, meine Jeans von Tropfen gesprenkelt, sodass ich einem Dalmatiner Konkurrenz machte. Meinen kaputten Regenschirm hatte ich zu Hause gelassen, mit der naiven Hoffnung, es würde bei leichten dünnen Regentropfen bleiben. Oder vielleicht sogar schneien. Und keine fünf Minuten später war ich durch peitschenden Regen gerannt, saß nun schwitzend und frierend zugleich in der Schule, nur um zu erfahren, dass die erste Stunde spontan ausfiel. Ganz toll.

Ich strich mir eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht und öffnete meinen Rucksack, um eine Dose herauszuholen. Ich hatte die halbe Nacht an Weihnachtsgeschenken gearbeitet, weil mir die Zeit ausging, war aber dafür kaum aus dem Bett gekommen. Dementsprechend war ich schon ohne Frühstück aus dem Haus gestolpert, als Opa mir entgegenkam und mir, wie ein Weihnachtsengel, eine Dose Kekse in die Hände gedrückt hatte.

Als ich den Deckel hob, strömte mir der süße Duft von Zimtwaffeln entgegen. Zucker! Das war es, was ich jetzt brauchte. Gierig nahm ich mir eine Zimtwaffel heraus und betrachtete das Muster, das Opas Waffeleisen hinterlassen hatte. Ein Tannenbaum zeichnete sich deutlich ab.

Ich blickte über den Keks hinweg zu dem Weihnachtsbaum am anderen Ende der Cafeteria. Wie er da stand, konnte er nicht einmal mit dem Baum auf meinem Keks mithalten. Seine Lichter waren schwach, seine Kugeln wirkten leblos, und der ganze Baum, als wollte er ebenso wenig hier sein, wie ich. Als ob er sein weihnachtliches Potenzial nicht in der Ecke einer Cafeteria entfalten konnte.

Ich biss in meinen Keks und überlegte, was ich jetzt mit meiner Zeit anfangen sollte. Währenddessen verteilte sich der Zimtgeschmack in meinem Mund und hinterließ Biss für Biss eine Süße, die meine Laune schon deutlich hob. Gerade, als ich in die zweite Zimtwaffel biss, erregte ein Flackern meine Aufmerksamkeit. Kurz glaubte ich, es läge ein meiner Müdigkeit, doch dann sah ich zum Weihnachtsbaum. Seine Lichter wurden heller, flackerten immer aufgeregter, was die Kugeln zum Glänzen brachte. Unberührt schluckte ich. Wahrscheinlich hatten sie schon vorher geflackert, es war mir bloß nicht aufgefallen.

Auf einmal hörte ich weit entferne Weihnachtsmusik. Sie musste von den Musiksälen kommen. Gab es eine Aufführung, von der ich nichts wusste, oder war das Unterricht?

Ein Klirren vom Baum ließ mich zusammenzucken, ich sah gerade noch, wie eine Kugel zersprang, ihre Scherben landeten auf dem Boden. Und dann, mit einem ohrenbetäubenden Knall, explodierten alle Kugeln.

Ich wurde vom Stuhl gerissen, verlor den Boden unter den Füßen, rot-grünes Flimmern umtobte mich, verschluckte mich, während ich versuchte in der Leere Halt zu finden.

Einen Herzschlag später hatte alles aufgehört, doch ich ließ die Augen geschlossen, bis laute Weihnachtsmusik durch meine rauschenden Ohren drang und ich sicher war, dass ich noch lebte. Ich schlug die Augen auf – und schreckte zurück, als sich mein Gesicht in zwei anderen großen Augen spiegelte. Der Elf, der vor mir stand, starrte mich ausdruckslos an, dann strahlte er, heller als jede Lichterkette.

„Ein Meeensch!“, schrie er und hüpfte davon. Schnell rappelte ich mich auf. Erst jetzt wurde mein Blick klarer. Ich war nicht mehr in der Cafeteria. Die Halle in der ich stand, schien eine einzige Schneekugel von Zuckerstangenrot, Tannenbaumgrün und goldenen Wänden zu sein. Das Strahlen ging nicht nur von den ganzen Elfen aus, die geschäftig an Tischen standen und herumwirbelten, sondern vor allem von dem riesigen Weihnachtsbaum inmitten alldem. Seine Spitze endete so knapp unter der Decke, dass ich den Kopf in den Nacken legen musste, seine großen Zweige waren so dicht, dass sich bestimmt alle Elfen der Halle darin verstecken konnten, ohne dass man sie sah. Die Kugeln waren riesig und so bunt, wie die Geschenke am Fuße des Baums.

„AAACHTUUNG!“

Ich befreite mich gerade noch rechtzeitig aus meiner Starre, um dem Elfen auf seinem Einrad auszuweichen, der den schmalen Gang entlang raste. Dabei rutschte ich auf Geschenkpapier aus und landete wieder auf dem Boden. Ich glitt unter einen Tisch und starrte mit aufgerissenen Augen das Geschehen vor mir an, meine angebissene Zimtwaffel noch fest in der Hand. Ich lag sicherlich noch zu Hause im Bett und träumte – das hatte ich jetzt davon, noch spät in der Nacht Weihnachtsgeschenke zu machen. Aber warum konnte ich dann nicht aufwachen? Ich kniff die Augen zusammen und wartete darauf, dass die laute Musik schwieg, das Dampfen und Ruckeln der Geschenkmaschinen verstummte und darauf, dass sich der zimtige Duft aus meiner Nase verzog. Doch nichts davon geschah. Stattdessen öffnete ich die Augen wieder und sah, wie der Elf, der strahlend geschrien hatte, jemanden mit sich zog. Eine Elfe, ebenfalls mit rot-weiß gestreifter Strumpfhose, Zipfelmütze und mit gutmütigem Gesicht. Sie war ein gutes Stück größer als der kleine Elf. Mein Versteck war kein Versteck, denn beide schauten mich direkt an. Noch bevor sie mich erreicht hatten, war ich unter dem Tisch hervorgekrochen.

„Willkommen“, rief die Elfe und breitete die Arme aus, aber nicht um mich zu umarmen, sondern vielmehr, um alles um sie herum zu präsentieren. Ich brachte kein Wort aus meiner Kehle und konnte nichts weiter tun, als sie anzustarren. Dann fiel ihr Blick auf die Zimtwaffel in meiner Hand.

„Ich verstehe“, meinte sie bloß, „komm mit.“

Etwas Besseres hatte ich nicht vor, also folgte ich ihr und dem Elf an den Rand der Halle, wo sie mich auf einen Stuhl setzten. Auf den Tischen vor mir sammelten sich Geschenkbänder, Gläser mit Süßigkeiten und Kekse, Spielzeuge…

„Deiner Weihnachtszeit fehlt die Weihnachtszeit!“  Die Elfe stellte es fachmännisch fest, wie mein Arzt, wenn ich Fieber hatte und das Thermometer deutlich 40 anzeigte. Ich tat so, als hätte ich sie überhört und beobachtete stattdessen interessiert den Rest der Halle. Eigentlich war es, als herrschte hier das totale Chaos, aber die Elfen sangen, tanzten und arbeiteten so zur Musik, dass sich keiner daran zu stören schien. Und dabei strahlten sie fast die ganze Zeit.

„Also“, riss mich die Elfe aus den Gedanken. „Iss das“, befahl sie und hielt mir einen Keks unter die Nase. Ein Stiefel, verziert mit einer dicken Schicht von weißem Zuckerguss und roten Streuseln. Sie hielt ihn mir hin, als wäre er meine Medizin. Schnell rief ich mir ihre Worte ins Gedächtnis.

„Und davon bekommt meine Weihnachtszeit dann mehr… ehm… Weihnachtszeit?“, fragte ich. Sie lächelte, der kleine Elf neben ihr kicherte.

„Nein. So etwas kann kein Plätzchen, kein Weihnachtsbaum, kein Schnee und kein einziges Weihnachtslied.“

Ich zog die Augenbrauen hoch. Das alles waren eindeutig die Sachen, die Weihnachten ausmachten.

„Um Weihnachtszeit zu erleben“, fuhr die Elfe fort, „musst du dich für den Weihnachtszauber entscheiden und dafür, dass du ihn spüren willst. Und jetzt iss. Manchmal kann ein wenig Zuckerguss dabei helfen.“ Sie zwinkerte.

Eine Wahl hatte ich wohl nicht. Ich biss in den Keks, dessen Süße in meinem Mund wie eine rot-grüne Explosion von Weihnachtskugeln schmeckte. Nach dem zweiten Biss überkamen mich die Zweifel. Hatte sie das mit dem Zauber ernst gemeint? Verwandelte sie mich jetzt in eine Elfe? Ich schluckte, als rot-grünes Flimmern mich umgab und ich gerade noch sah, wie das lächelnde Gesicht vor mir verschwand. Dann wurde ich vom Stuhl gerissen und umklammerte einfach nur noch meinen eigenen Körper.

Das Toben war vorbei, ich öffnete die Augen, als ich mir sicher war, dass ich die Kekse nicht wieder von mir geben würde. Einen Herzschlag lang dachte ich, ich wäre noch immer in der Halle. Aber das Strahlen kam jetzt von den Lichtern aus der Cafeteria, das Rot-Weiß waren die glänzenden Kugeln am Baum und der süße Duft kam von den Zimtwaffeln in der Dose vor mir. Meine Socken – sie waren nicht mehr nass. Ich blickte an mir herab und entdeckte meine neuen, warmen Socken, gemustert von Zuckerstangen. Spätestens als ich den letzten Bissen Keks in meiner Hand spürte, wusste ich, dass es keine Einbildung gewesen war. Auch die Musik hatte nicht aufgehört zu spielen, nur wusste ich jetzt, dass sie aus meinem Innern kam.

Bild: WU

Weihnachtszeit – Plätzchenzeit. Erst der bekannte Duft dampfender Wärme, Puderzucker und ganz leicht, der feine und samtige Zimtgeruch. Die Vorfreude auf den bekannten Geschmack und Genuss steigt. Ist der Zuckerguss süß genug? Der Teig so fluffig und fruchtig wie aus der Erinnerung? Der Herzschlag wird schneller, die Nasenflügel blähen sich auf. Der erste Happen…. 5 Sekunden Auszeit, die sich wie eine Reise in die Ferne anfühlen. Ganz weit weg von den vielen Klassenarbeiten, Corona-News, Unbekanntem und Gedankenfressendem.

Wie schön wäre es, in diesem Augenblick wirklich in die Ferne entschwinden zu können. Einfach weg aus dem Klassenzimmer in der 1. Stunde, den zähen Grammatikstunden und dem ständigen Lüften entfliehen, die unüberwindbaren Brüche des Mathebuchs ganz einfach hinter sich lassen und für einen Moment in eine Parallelwelt einzutauchen? Einen Parallelwelt-Sprung zu meistern und von der einen auf die andere Sekunde woanders zu sein?

Schreibaufgabe: Welches Plätzchen vom Weihnachtsteller lässt dich in eine Parallelwelt eintauchen? Suche dir eines aus, lasse mit dem ersten Bissen die Wände des WIGGYs verschwinden. Berichte uns von deinem Parallelwelt-Sprung. Nutze den Zimtgeruch und den Plätzchengeschmack als Auslöser für deine (Feder)Reise. Verwandelt sich der lange Flur vor dem Lehrerzimmer vielleicht plötzlich in eine lange, schneebedeckte Rodelbahn, welche zum Schlittenrennen einlädt? Lässt der zimtige Geruch die Tische des Atriums in Sekundenschnelle zu einer Herde Rentiere im Norden Skandinaviens werden?

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Nimm uns mit auf deine Federreise in die weihnachtliche Parallelwelt.

Ideenquelle: Dagmar Bach: Zimt & weg. Die vertauschten Welten der Victoria King. S. Fischer Verlage 2016.

Teilnahme:

Schülerinnen und Schüler aller Klassenstufen

Abgabe:

bis 10. Januar 2021

an: hannah.wurst@wirtemberg-gymnasium.de

Viel Spaß beim Schreiben!

Eure federführende Weihnachtsvertretung

Hannah Wurst

Die Illustrationen sind wie immer von unserer fantastischen Jessica Wald (jessica.wald.de)

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